Mädchen und junge Frauen sind in der Schweiz, im Vergleich mit Knaben, weniger körperlich und sportlich aktiv. Die Gründe dafür sind vielfältig und die Folgen wiegen schwer. Denn die Grundlagen für einen anhaltend aktiven Lebensstil werden in der Kindheit gelegt. Was also kann man tun, damit die Girls im Sport – und insbesondere im Tennis – nicht auf der Strecke bleiben?

Sport und körperliche Aktivitäten sind für Kinder zentral. Denn dadurch erwerben sie schon früh vielfältige Bewegungsformen und sportbezogene Einstellungen, sie entwickeln Körperbewusstsein und Selbstvertrauen und fördern ihre physische und psychische Gesundheit. Haben sie dies einmal gelernt, ist es wahrscheinlicher, dass sie auch später einen aktiven Lebensstil pflegen oder nach einem «Dropout» zurück zum Sport finden (vgl. BASPO: Förderung von Mädchen und jungen Frauen im Sport. Ein aktueller Stand und Handlungsbedarf).

Kindern und Jugendlichen wird empfohlen, dass sie täglich mindestens 60 Minuten, mit moderater bis hohe Intensität, körperlich aktiv sind (Bundesamt für Sport BASPO et al., 2013). Wie Studien zeigen, gab es vor 20 Jahren noch vergleichbar viele Frauen, die sich mit einmal Sport pro Woche im Umfang von rund einer bis zwei Stunden begnügten. Heute ist es auch bei den Frauen üblich, dass man mehrmals pro Woche die Sportschuhe schnürt und dabei auf eine Aktivitätszeit von über drei Stunden kommt. Allerdings sind die Männer in der jüngsten Altersgruppe der 15- bis 24-Jährigen und in der ältesten Altersgruppe der über 75-Jährigen immer noch deutlich aktiver als die Frauen (vgl. Lamprecht, Markus, Rahel Bürgi und Hanspeter Stamm: Sport Schweiz 2020: Sportaktivität und Sportinteresse der Schweizer Bevölkerung).

Warum bewegen sich Mädchen weniger als Knaben?

Die Gründe dafür sind vielfältig, wie der Grundlagenbericht «Förderung von Mädchen und jungen Frauen im Sport – aktueller Stand und Handlungsbedarf» (Cermusoni, 2020) aufzeigt. Einerseits werden Mädchen anders sozialisiert und unterstütz als Knaben. Andererseits weichen Bedürfnisse, Präferenzen und Motive der Mädchen und jungen Frauen oftmals von denjenigen der Knaben und jungen Männer ab. Und hier stimmen bestehende Sportangebote oft nicht ausreichend mit den Bedürfnissen und Wünschen der Mädchen überein.

Wie kann man Mädchen zu mehr Bewegung und Sport – auch Tennis – motivieren?

«Grundsätzlich ist es für Mädchen wichtig, dass das Sportangebot möglichst niederschwellig, vielfältig und auch polysportiv ist. Viele machen gerne Sport zusammen mit Freundinnen und schätzen es, wenn ein Angebot über den Sport hinausgeht und weitere Aktivitäten und der Austausch mit Gleichaltrigen möglich ist und dabei ohne Zwang die Möglichkeit besteht, Leistung zu erbringen und sich sportlich wirksam zu erleben und zu entwickeln», fasst Lea Cermusoni, Autorin der Berichte «Förderung von Mädchen und jungen Frauen im Sport» zusammen.

Was heisst das nun für die Tennis-Angebote? Wir haben für die drei Stufen Kinder – Jugendliche – junge Erwachsene ein paar Punkte festgehalten.

Einstieg ins Tennis / Kids Tennis

«Wollen Mädchen mit dem Tennis beginnen, empfiehlt es sich, einen Tennisclub oder eine Tennisschule auszusuchen, die stark auf ein polysportives Training setzt, auch Plausch-Events organisiert, vielleicht sogar eine reine Mädchengruppe führt, auch Trainerinnen beschäftigt oder farbiges und vielfältiges Trainingsmaterial einsetzt», erklärt Ilona Schönmann, Verantwortliche für Kids Tennis-Ausbildungskurse bei Swiss Tennis. Punkte also, die genau der Unterrichtsphilosophie der Kids Tennis High School entsprechen.

Dass Kinder schon früher spielerisch ans Tennis herangeführt werden können, zeigt das Beispiel MuKi- und ElKi-Tennis, welches am diesjährigen Kids Tennis-Forum vorgestellt wird. Ausserdem wird am Beispiel von Hip-Hop und Badminton gezeigt, was man von anderen Sportarten lernen und – im Sinne eines polysportiven Angebots – auch mal ins Tennistraining übernehmen kann.

Kinder und Jugendliche

«Spass haben», «fit und trainiert zu sein», «Freude an Bewegung» und «Zusammensein mit Kolleginnen und Kollegen» sind die Hauptmotive bei den 10-14-Jährigen, um Sport zu machen. Hier gibt es zwischen den Geschlechtern auch kaum Unterschiede.

Wie der Bericht vom Bundesamt für Sport «Förderung von Mädchen und jungen Frauen im Sport. Ein aktueller Stand und Handlungsbedarf» weiter aufzeigt, sind dies auch die Hauptmotive bei den 15-19-Jährigen. «Allerdings gibt es in dieser Altersgruppe einen bedeutenden Unterschied zwischen Mädchen und Jungs: Der Leistungsvergleich und die Teilnahme an Wettkämpfen ist für Mädchen und junge Frauen deutlich weniger wichtig», sagt Jürg Bühler, Leiter Ausbildung/Entwicklung von Swiss Tennis. «Mädchen wollten sich zusammen bewegen und nicht nur gewinnen. Hier ist es wichtig, dass Clubs auch Angebote ohne Leistungsdruck schaffen und auch den Nicht-Wettkampfsportlerinnen Raum geben. Dies kann zum Beispiel ein Juniorendoppelplausch am Freitagabend sein oder man öffnet den Tennisclub als Jugendtreffpunkt am Samstagnachmittag mit freiem Spiel und Spaghettiplausch.» (vgl. Wie mache ich meinen Club für Jugendliche attraktiver? Oder: Welche Möglichkeiten gibt es, um JuniorInnen an einen Club zu binden?)

Junge Erwachsene

Der Übergang von der Juniorin zur Erwachsenen ist normalerweise die schwierigste Phase in der Karriere. «Hier wird entschieden zwischen Traum verwirklichen und Neuorientierung», so Jürg Bühler.

Wie die Transition von der Juniorin zur Profispielerin gelingen kann, wird Kai Stentenbach, Nationaltrainer bei Swiss Tennis am 9. Tennis Forum Schweiz aufzeigen. «Wer den Fokus auf die Weiterentwicklung der Stärken setzt, erhöht die Wahrscheinlichkeit für Fortschritt und Erfolg. Die eigenen Stärken erkennen und daran zu arbeiten, erhöht das Selbstvertrauen und stärkt dadurch die vermeintlichen Schwächen», fasst der Nationaltrainer einen zentralen Punkt zusammen.

Auch in dieser Phase ist es wichtig, dass Nicht-Wettkampfsportlerinnen nicht vergessen gehen und Clubs flexible Trainingsangebote schaffen und die Sozialkompetenz und das Selbstvertrauen der jungen Frauen durch Übertragung von Verantwortung stärken. «Dies kann etwa durch die Einbindung von Jugendlichen in die Eventplanung und Clubgestaltung geschehen oder in dem Jugendliche motiviert werden, eine Assistentenausbildung und später eine J&S-Ausbildung zu absolvieren und so Verantwortung zu übernehmen», fasst Jürg Bühler zusammen.

Interessiert Sie dieses Thema?

Das Kids Tennis-Forum am 19. März und das 9. Tennis Forum Schweiz am 20. März 2022 greifen das umfangreiche Thema «Girls fördern im Tennis» auf.

Die beiden Foren werden hybrid durchgeführt, man kann also entweder als Teilnehmer vor Ort in Biel dabei sein (Präsenz-Kurs) oder zuhause vor dem Bildschirm (Online-Kurs). Anmeldungen sind noch bis am 19. Februar 2022 möglich. Die beiden Foren sind für alle Interessierten offen.

Literatur: